04.07.2006

Bereits um 5:00 Uhr stehen wir auf, die Zeitumstellung ist wohl schuld. Beim Blick aus dem Hotelzimmer sehen wir die ersten exotischen Vögel; ein lautes Vogelgezwitscher liegt in der Luft, das ganz anders klingt als zu Hause. Da wir bereits um 7:30 von unserem nächsten Transfer abgeholt werden, heißt es schnell duschen, frühstücken und eine Mail an die Lieben nach Hause senden. Das Rincón de San José wird insgesamt vier Mal unsere Bodenstation sein, jedes Mal zwischen den Etappen unserer Reise.

Der Transfer-Bus ist einer der typischen Toyota-Kleinbusse, diesmal von Interbus. Interbus ist eine Transportfirma, die einen Service zwischen Taxi und Bus anbietet. Man wird an der Wunschadresse abgeholt und an der Zieladresse abgesetzt. Jedoch kann es sein, das weitere Gäste während der Fahrt zusteigen. Also ein fast privater Transfer. Oft hatten wird den Bus für die gesamte Fahrt für uns alleine.

Über Hügel geht es erst einmal quer durch die Stadt, denn wir sollten noch zwei weitere Paare mitnehmen (je zwei junge US-Amerikanerinnen). Wir fahren aus San José raus und die Werbeplakate am Straßenrand werden weniger. Zwischen San José und unserem nächsten Ziel, dem aktiven Vulkan Arenal, müssen wir die Cordillera de Tilarán überqueren. Sie ist Teil des Gebirgszugs, der sich durch Costa Rica wie ein Rückgrat zieht. Dieser Gebirgszug beginnt im Norden mit der Cordillera Guanacaste und führt über die Cordillera Tilarán in die Cordillera Central, um sich anschließend mit der Cordillera de Talamanca bis nach Panama fortzusetzen. Jeden dieser Gebirgszüge werden wir auf unserer Reise näher kennen lernen.

Die Vegetation neben den Straßen wirkt schon sehr tropisch. Auf den ersten Blick fällt die Üppigkeit und die Höhe der Bäume auf. Schon in dieser Gegend sind die höheren Bäume von Aufsitzerpflanzen, sog. Epiphyten, bewachsen. Obwohl wir eine Zeit lang auf der Panamericana fahren, ist die Straße außerhalb der Ortschaften und Städte in der Regel zweispurig. Als wir uns dem nördlichen Ausläufer des Gebirges nähern, überqueren wir immer wieder breite Flüsse, die von großen Kiesfeldern übersäte, ausgeschwemmte Flussbette haben; sie sind zum Teil sehr breit (Rio Balsas, Rio Peñas Blancas).

Die Mitfahrer steigen an Herbergen aus, die viel näher am Vulkan liegen und demnach in einer gefährdeteren Zone (Tabacon Resort und Volcano Lodge). Die Gegend rund um den sehr aktiven Vulkan ist behördlich in Zonen eingeteilt. Das Tabacon Resort liegt in der restriktivsten Zone (siehe Bericht). Von einem Besuch sollte aus Sicherheitsgründen abgesehen werden. Aus diesem Grund haben wir uns für das Lost Iguana Resort entschieden und der Entschluss stellte sich bald als gut heraus.

Das Lost Iguana Resort ist ein typisches Dschungelresort mit einzelnen Bungalows, einem zentralen Servicebungalow, in dem Rezeption, Souvenirshop und Telefon/ Internet untergebracht sind und einem weiteren Komplex mit Restaurant und Bar. In jedem der Bungalows gibt es Zimmer unterschiedlicher Kategorie, wir haben ein Doppelzimmer der Kategorie Standard Deluxe. Das Zimmer ist recht luxuriös, neben dem Aufenthalt im Bahia del Sol am 18. und 19.07. wird dies die vornehmste Unterkunft sein. Wir werden mit einem Golfcar zu unserem Zimmer gefahren, es nieselt leicht, die Temperatur ist angenehm, ca. 23 Grad. Zwar können wir den Vulkan von dem Gelände in seiner ganzen Pracht sehen, seine Spitze ist aber in Wolken gehüllt. Es wurde uns vorher schon mehrfach gesagt, dass es ein reines Glücksspiel ist, den Gipfel wolkenfrei zu sehen; manchmal geschieht es ganz unverhofft, ein anderes Mal hüllt er sich tagelang in Nebel.

Als wir es uns im Zimmer einigermaßen gemütlich gemacht haben und vor unserem Restaurantbesuch noch den Balkon inspizieren wollen, sehen wir, dass die Wolkendecke aufreißt und der Vulkan frei ist. Schnell die Kamera(s) rausgeholt und fotografiert. Nur kurz zeigt sich uns der Vulkan so unverhüllt, was uns den Gang ins Restaurant leichter macht (zudem er von dort ebenfalls sichtbar ist). Dort essen wir leckere Gerichte (Tortilla Wraps und gewürzten Reis mit Shrimps) und schreiben unser Tagebuch. Réka isst einen Palmenherzensalat. In einer Pause geht Jörg etwas herum und sieht einen riesigen Nachtfalter an einer Wand hängen (offensichtlich ein Atlasspinner, einer der größten Schmetterlinge der Welt). Seine Spannweite ist ca. 20 cm. Insekten in dieser Größe sollen uns noch öfters begegnen, aber dieser erste Eindruck sitzt! Die Stimmung ist toll: es regnet leicht, Nebelschwaden ziehen um den Arenal, die Luft ist schwül und man hört verschiedene Insektenstimmen - am durchdringlichsten ist ein metallisches Zirpen einer einheimischen Zikadenart. Dieses Geräusch wird uns den gesamten Urlaub begleiten.

Am frühen Nachmittag brechen wir zu unserer ersten Tour zu den Arenal Hanging Bridges auf. Es gibt bereits an vielen Orten solche Stahlhängebrücken, die einen durch das Blätterdach führen. Die längste Brücke mit 243 Metern befindet sich in einer Anlage im Monteverde Nationalpark. Die Anlage, die wir besuchen gehört jedoch zu den schönsten und ist bei weitem nicht so überlaufen wie der Sky Walk in Monteverde.

Die Tour dauert ungefähr zwei Stunden, wer, wie wir, viel fotografiert, braucht länger. Die Wegstrecke ist ca. 3,2 km lang und führt durch Primärregenwald. Es empfiehlt sich am Nachmittag zu gehen, dann ist weniger los. Auch an bedeckten Tagen ist es durchaus sinnvoll, da man sich ja sowieso die meiste Zeit im Wald befindet. Wir erhalten pro Person $ 5,00 Ermäßigung, somit kostet der Spaß $ 15,00/Person. Inzwischen gibt es aber leider keine Ermäßigung mehr und der Eintrittspreis hat sich auf $ 22,00 erhöht. Es lohnt sich aber in jedem Fall, da es eine gute Einstimmung auf den Regenwald ist. Große Tiere sehen wir allerdings nicht, zwar hören wir Brüllaffen, jedoch weiter entfernt. Wir genießen vor allem die Aussicht und die überwältigende Vegetation und können hier und da schöne Vögel beobachten. Außerdem ist es ein toller Spaziergang, denn zwischen den sechs Hängebrücken (die längste ist 92,5 Meter lang) sind befestigte Wege, sieben feste Brücken und ein kleiner Tunnel; somit bietet sich diese Tour auch für Kinder an. Wer es geführt haben möchte, kann eine Birdwatching Tour (3 Stunden, von 6:00 bis 9:00 Uhr) oder eine Nachtwanderung (2,5 Stunden, von 18:00 bis 20:30 Uhr) unternehmen. Diese kosten allerdings mehr. Réka hat große Angst vor der Höhe, da die Böden der Brücken lediglich aus Metallgitter bestehen und man somit bis zu 40 Meter tief hinunter sehen kann. Aber sie meistert alle Brücken mit immer größerer Geschwindigkeit. Größere Herausforderungen sollten sie noch erwarten ...

Nach dieser schönen Wanderung, die man übrigens über einen hoteleigenen Weg zu Fuß erreichen kann, kommen wir um 18:00 Uhr im Resort an. Die Sonne geht hier stets zur gleichen Zeit auf und unter, die Dämmerungszeiten sind aufgrund der Äquatornähe recht kurz. So wird es abends um 18:00 bereits dunkel. Wir erholen uns im Pool, der mit Thermalwasser (sehr heiß) gefüllt ist. Gleichzeitig regnet es. Mit einem Cocktail von der Poolbar genießen wir diesen Luxus: Regen von oben, Thermalbad von unten - herrlich! Von den zwei Poolbecken kann man gut den Arenal beobachten, jedoch liegt dieser wieder unter einer scheinbar undurchdringlichen Wolkendecke verborgen. Umso besser, so können wir unseren Drink genießen und sehen mehrere  Aga-Kröten (bufo marinus) auf den regennassen Wegen. Diese Krötenart ist die größte Costa Ricas und wird ca. 20 cm groß. Sie ist weit verbreitet und u. U. sehr giftig. Diese hier sind aber recht schwerfällig und hüpfen eher widerwillig weg. Wir unterhalten uns noch mit einer US-amerikanischen Familie über Deutschland und die Fußball-WM, und dass die Deutschen leider im Halbfinale ausgeschieden sind. Réka trinkt einen Long Island Icetea, nicht wissend, welche Mengen Alkohol darin enthalten sind - genauso lustig wird der weitere Verlauf des Abends :-). Danach gehen wir wieder ins Restaurant, wo wir gegrillte Meeresfrüchte in Tomatensauce essen.

Da der Vulkan sich nicht mehr zeigt, gehen wir ins Bett, stellen aber die Uhr auf Mitternacht, um noch einmal nachzusehen. Und siehe da, die Wolken haben sich verzogen und der Vulkan liegt in seiner ganzen Pracht vor uns. Wir setzen uns in die bequemen Schaukelstühle auf unseren Balkon und bauen unsere Foto- und Kameraausrüstung auf. Wir können es deutlich rumsen hören und sehen, wie die Lava in feinen Spuren am linken Kraterrand nach unten fließt. Immer wieder kommt es zu kleineren Eruptionen und glühende Brocken werden aus dem Berg geschleudert. Es ist ein fantastisches Schauspiel. Man fühlt sich zur Geburtsstunde der Erde zurückversetzt: pyramidenförmige Vulkane (sog. Stratovulkane), die heiße Lava spucken, tropische Hitze, Regen und Urwaldgeräusche. In der Nacht können wir von unserem Bett immer wieder die fließende Lava sehen, bis unsere Lider zu schwer sind und wir einschlafen. Inzwischen hat das Resort einen Weckdienst, der einen - falls man es wünscht - auf sichtbare Vulkanaktivität hinweist. Unser zweiter Tag in Costa Rica neigt sich dem Ende zu, auch wenn es bereits morgen ist ...

Seite aktualisiert 25.08.2009

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