16.08.2008

Heute beginnt also unser erster richtiger Costa Rica Tag. Wir sind sehr gespannt: Wird es genauso schön wie vor zwei Jahren? Werden wir Julio und Walter wiedersehen? Werden wir enttäuscht sein, wenn etwas nicht so klappt? Wird das Wetter mitspielen? Aber irgendwie sind wir uns sicher, dass auch diese Reise ein Erfolg wird. Alleine schon die gewohnten Straßen rund um das Rincón, die freundlichen Gesichter, die schweren Rucksäcke - wir fühlen uns sofort wieder angekommen ...

Am Vorabend hatten wir ja unsere Sachen bereits gepackt, so dass wir um Punkt 7:00 Uhr in der Lobby sind und auf unseren Transfer warten - nach einem kurzen Telefonat mit Mapache Tours, erfahren wir jedoch, dass der Transfer erst um 8:00 Uhr kommt, da ein Unfall passiert sei. Also entschließen wir uns einen kurzen Spaziergang oberhalb des Hotels zu machen. Wir kommen an einem Restaurant und einer kleinen Polizeiwache vorbei, sehen Bahngleise und fragen uns, ob hier überhaupt noch ein Zug fährt. Soweit wir wissen, gibt es in Costa Rica keine offizielle Eisenbahn mehr. Am Straßenrand entdecken wir im Gebüsch eine interessante Spinne, es handelt sich um Gasteracantha cancriformis oder auf englisch, die Crablike Spiny Orb-Weaver. Sie ist nur knapp einen Zentimeter groß und tarnt sich mit einem Panzer, der einer Krabbe ähnelt. Wir machen ein paar Fotos und Réka geht zurück, während Jörg noch auf Fotosafari weiter geht. Um acht Uhr warten wir vergeblich auf den Transfer und erfahren, dass erst um 10:00 Uhr ein Ersatzwagen kommen könne. So lange gehen wir nochmal auf's Zimmer, trinken Kaffee und warten. Um zehn Uhr ist der Transfer dann endlich da und Juan, unser Fahrer, startet mit uns Richtung Cartago, wo wir Walter treffen sollen. Den heutigen Tag werden wir fast ausschließlich im Auto verbringen, da wir eine lange Strecke bis auf die Osa Halbinsel zurücklegen müssen. Wenngleich das nur knapp 320 Kilometer sind, werden wir ca. 7 bis 8 Stunden unterwegs sein. Unsere Fahrt folgt den Großteil der Strecke der Panamericana, vorbei an Cartago, Canón, San Isidro, Palmar Norte und schließlich nach Rincón auf der Osa Halbinsel.

Walter steigt planmäßig in Cartago zu und wir freuen uns sehr, ihn wiederzusehen. Zusammen mit ihm haben wir 2006 den ersten Teil unserer Tour vom Cerro de la Muerte an den Pazifik gemacht. Er ist heute statt Julio da, der eigentlich unser Führer im Corcovado Nationalpark sein sollte. Da Julio aber noch in Peru auf einer anderen Expedition ist, ist Walter zum Glück eingesprungen. Julio werden wir aber planmäßig auf unserer Tour durch den Santa Rosa Nationalpark treffen. Walter informiert uns, dass aufgrund der starken Regenfälle der vergangenen Wochen, die Strecke Los Patos - Sirena nahezu unbegehbar ist und er uns von dieser Variante in jedem Fall abrät. Wir haben ursprünglich geplant, den Corcovado in seiner Ost-West-Ausdehnung zu durchlaufen, aber das Wetter macht uns auch hier einen Strich durch die Rechnung. Walter meint zwar, dass man theoretisch schon gehen könne, aber es vor allem bei den Flussdurchquerungen sehr gefährlich sei. Wir hören auf seinen Rat und werden den Corcovado in Süd-Nord-Achse durchwandern. Diese Strecke führt zum größten Teil entlang der Küste und des Strandes. Wir müssten drei größere Flüsse durchqueren, aber wenn wir bei Ebbe ankommen, müssten wir es schaffen. Also war die Tour klar, wir freuen uns sehr mit Walter durch den Corcovado Nationalpark zu wandern, denn den kennt er besonders gut, da er hier mehrmals im Jahr - auch alleine - unterwegs ist (dass uns das noch hilfreich sein wird, sollen wir noch merken).

Wir kommen immer wieder an Stellen vorbei, wo starke Erdrutsche die Straße zerstört haben. Teilweise müssen wir recht lange warten, da Bergungsarbeiten damit beschäftigt sind, die Geröll- und Schlammmassen zur Seite zu räumen. Dann kommen fliegende Händler an die wartenden Autos und verkaufen Wasser, Früchte und andere Dinge. Inzwischen hat es auch angefangen zu regnen. Der Regen wird mit der Zeit immer stärker. In San Isidro essen wir in einem Soda zu Mittag. Réka ist Casado mit Schweinefleisch, Walter mit Fisch und Jörg mit Huhn in Tomatensoße. Walter erklärt uns während des Essens, dass Isidro die Stadt mit den hübschesten Frauen in Costa Rica sei, und zur Unterstützung seiner These schaut er den vorbeigehenden - in der Tat sehr hübschen Damen - nach und sagt: "You see?". Nachdem wir pappsatt sind, geht es gleich weiter auf der Panamericana, die wir jedoch an dem Ort Chacarita verlassen. Wir fahren nun über die Fila Equinas Richtung Jiménez. Nachdem der Regen für eine Weile aufgehört hatte, beginnt es jetzt wieder von Neuem aus allen Kübeln zu schütten; die Straße ist teilweise überflutet. Wir kommen an ausgedehnten Ananasfeldern der Marke Del Monte vorbei. Réka und Walter sind auf dem Rücksitz eingeschlafen, als der erste Hinweis auf die Danta Corcovado Lodge in Los Patos erscheint - es sind noch 19 Kilometer. Die Fahrt wird immer spektakulärer. Die Landschaft wirkt einsam, geradezu archaisch, hier scheint es selten Touristen zu geben. Wir überqueren baufällige Brücken über zu Strömen angeschwollenen Flüssen, fahren durch riesige Wasserlachen und vorbei an dunklem Regenwald. Bei strömendem Regen kommen wir schließlich an der Danta Corcovado Lodge an. Es ist schnell dunkel geworden und wir sind froh, mit unseren Sachen aus dem Fahrzeug zu steigen. Wir werden bereits erwartet und schnell in die Lodge gebeten.

Der Eingang besteht aus einem edel wirkenden Patio, dessen Boden aus lackiertem, toll strahlendem Mahagony besteht. Überall sind kleine Lämpchen in Kokosnusschalen oder versteckt angebracht, die alles in ein verzaubertes Licht kleiden. Wir fühlen uns wie auf einem anderen Stern - das Ganze strahlt eine sehr ruhige und geheimnisvolle Atmosphäre aus. Das Gebäude ist verwinkelt und mit viel Liebe zum Detail gebaut. Merlyn, der die Lodge in zweiter Generation betreibt, führt uns zu unserer Suite. Es ist die Königssuite und wir sind überwältigt. Ein großes Wohn- und Schlafzimmer und ein riesiges Bad, halb offen, mit Dusche, Waschbecken und Toilette. Das Ganze wirkt auf uns wie ein Traum - hier könnten wir für immer bleiben. Die Lodge wurde auf der Stelle errichtet, auf der das alte Familienhaus der Besitzer stand. Alle Materialien sind handgearbeitet und aus nachwachsenden Beständen. Die Lodge ist zu 100% ökologisch, es fällt kaum Müll an, das Wasser wird eigenständig wiederaufbereitet und alle Materialien und Essen stammen aus eigener Herstellung und Anbau. Auch der Strom wird selbst mittels Solarzellen erzeugt. Das Besondere ist aber die Atmosphäre, die dieser Ort ausstrahlt. Wir machen es uns in unserem Palast bequem, packen unsere Sachen teilweise aus und erfrischen uns etwas. Dann kaufen wir uns umgehend jeder ein T-Shirt mit dem Logo der Lodge, einem Fußabdruck eines Tapirs- auf spanisch Danta. Das Abendessen wird in einem anderen Bereich serviert, wo fast alles aus Holz besteht. Die Sitze sind ehemalige Baumstümpfe, die Gläser an den Ästen eines Baumes aufgehängt und die Tischplatten aus einem ganzen Stück Holz gefertigt. Wir bereuen es jetzt schon, hier nur eine Nacht zu verbringen. Nach dem Essen entschließen wir uns, mit ausgeliehenen Gummistiefeln auf dem lodgeeigenen Reservat eine Nachtwanderung zu unternehmen, Walter begleitet uns. Die Lodge hat ein eigenes Wegenetz und sogar eine Lagune, in der Kaimane liegen. Da es schon stockdunkel ist, nehmen wir unsere Lampen mit; Walters Lampe hat irgendwie seinen Geist aufgegeben, aber wir schaffen es dennoch, zumindest ein paar Frösche und beachtliche Spinnen zu entdecken. Um neun Uhr kommen wir wieder zurück und müssen auch schon bald ins Bett gehen, denn morgen wird es bereits um 5 Uhr losgehen. Wir legen uns in das urgemütliche Bett, lauschen dem leichten Regen und schlafen sehr glücklich ein.

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